Erster Kommentar zu dem neuen Urteil

Zu der Verhandlung am 18. Juni 2007 waren einige Opfer aus Vietnam nach New York gekommen, und als sie den Richtern vorgestellt werden sollten, wurden sie abgewiesen mit der Bemerkung, man habe ja schließlich seriöse Dinge zu verhandeln. Richter Sack entschuldigte sich später für die geschmacklose Bemerkung.

Aber er hatte natürlich recht:

Es ging ja - so deckte seine unbedachte Bemerkung auf - nicht um Mitleid, Hilfe, Wiedergutmachung oder die Verurteilung eines Krieges, sondern um einen Prozeß, der einigen großen Konzernen einen Imageschaden zufügen und die US-Regierung in Schwierigkeiten bringen könnte.

Niemand macht sich große Illusionen, daß die Klage der Opfer in den USA gegen die geballte Macht der größten Konzerne Erfolg haben könnte.

Denn er richtet sich - aus juristischen Gründen nur indirekt - gegen eine Regierung, die auf keinen Fall einen Zusammenhang der Leiden der Opfer mit den "Entlaubungsaktionen" im Vietnamkrieg zugeben will, und zwar nicht nur aus juristischen, sondern vor allem aus politischen Gründen.

Die Vietnamesen sind nicht naiv, sie erkennen sehr wohl auch diese Zusammenhänge.

Sie wissen: Ihr eigentliches Ziel haben sie schon dann erreicht, wenn die internationale Öffentlichkeit durch den Prozeß wieder auf diese Ereignisse aufmerksam gemacht wird und wenn sogar in den USA seriöse Organisationen die Administration und die Konzerne auffordern, die Agent Orange Opfer zu entschädigen. (so z.B. die American Public Health Association, Vgl. Viet Nam Kurier 3-4/2007, S. 59)

Und sollten sie sich entschließen, mit Hilfe US-amerikanischer Anwälte, die sie solidarisch unterstützen, in eine weitere Berufung zu gehen, dann wächst die Chance, daß die öffentliche Meinung (wenn schon nicht die Gerichte) die Regierung zum Einlenken bewegen.

Günter Giesenfeld
Vorsitzender der Freundschaftsgesellschaft Vietnam