Obama macht Druck bei TPP

Verhandlungen mit 12 Staaten laufen schon seit über drei Jahren,
ohne dass ein Ende in Sicht ist.

Obwohl Mitglieder der Verhandlungsdelegationen behaupten, der Prozess nähere sich seinem Ende, sehen sich Kritiker von TPP in ihrer Auffassung bestätigt, dass die Öffentliche Meinung, aber auch viele Politiker dem Vertragswerk immer kritischer gegenüberstehen.

„Der Grund dafür, dass die Obama-Administration Jahr für Jahr immer neue Deadlines verstreichen lässt, scheint zu sein, dass sie ein extrem unpopuläres Vertragswerk durchsetzen will, das nur einer Handvoll großer Konzernen nützt auf Kosten der Wirtschaft, der Umwelt und der Volksgesundheit in jedem Partnerland und darüber hinaus“, sagt Arthur Stamoulis, Direktor von Citizens Trade Campaign, einer Gruppe von Gegnern von TPP. „Die Völker und Parlamente am Rande des Pazifischen Ozeans beginnen zu begreifen, dass TPP schlecht für ihre Länder sein würde. Das gilt auch für die USA selbst.“

Mitglieder der Verhandlungsdelegation TPP haben jetzt bei einem Treffen in Beijing bestätigt, dass die Obama-Administration, die bis jetzt stets die asiatischen Delegationen unter Druck gesetzt hatte, nunmehr erwartet, dass das APEC1-Treffen ein Schlüsseltermin für eine Einigung sein soll.

Präsident Obama sieht in der TPP das zentrale Element seines Versuchs, die USA nach Asien hin zu orientieren – und damit China ökonomisch „einzukreisen“, das an diesem Treffen nicht teilnimmt. Am 10. November 2014 war Obama in Beijing, wo er eingestand, dass der TPP-Prozess jetzt zusätzlichen Druck brauche. „In den letzten Wochen haben unsere Teams gute Fortschritte gemacht bei der Lösung einiger ausstehender Probleme, die noch einer Einigung entgegenstanden. Jetzt haben wir die Möglichkeit, auf der politischen Ebene einige Hürden zu nehmen“, sagte der Präsident im Gespräch mit Handelsfachleuten in Beijing.

„Um sicher zu sein, dass TPP ein Erfolg wird, müssen wir dafür sorgen, dass alle unsere Leute zuhause verstehen, welche Vorteile es ihnen bringt – mehr Handel, mehr gute Jobs und höhere Löhne für die Menschen hier in der Region, einschließlich der USA.“ Für den Präsidenten bieten die TPP-Gespräche die Chance, zu einer „historischen Errungenschaft“ zu werden. Eine Verlautbarung der 12 Länder, die an den Gesprächen beteiligt sind, habe erkennen lassen, dass die Verhandlungen „jetzt in eine entscheidende Phase treten“.

Aber Meinungsverschiedenheiten bleiben, so berichten Medien und meinen dabei den landwirtschaftlichen Protektionismus als ein besonders heikles Problem. Andere betonen, dass es noch beträchtliche Frustrationen gibt bei einer Reihe von verschiedener Auffassungen bei anderen Themen, und dass viele von ihnen eher wenig zu tun hätten mit traditionellen Handelsangelegenheiten – so etwa Umweltaspekte, Sicherheit von Arbeitsplätzen, Preisgestaltung bei Medikamenten, Patentregelungen und die Möglichkeit für Investoren, nationales Recht auszuschalten, um nur einige zu nennen.

Auf viele Weise ist es gerade der breite Aspekt von Problemen, die mit TPP zusammenhängen, der die öffentlichen Zweifel hervorruft. Jetzt, da Präsident Obama sich am Ende des zweiten Jahres seiner Amtszeit befindet, haben die Kritiker große Hoffnungen, den Abschluss der Verhandlungen hinauszuschieben oder zu verhindern. Da der Präsidentschaftswahlkampf für 2016 ab Mitte nächsten Jahres (2015) langsam die Politik aufheizen wird, könnten wichtige Handelsverträge frühestens 2017 vom Parlament beschlossen werden.

„Die TPP-Befürworter wissen, dass sie unter Zeitdruck stehen“, sagt Stamoulis von Citizens Trade Campaign. „Der Widerstand gegen TPP ist genauso stark wie je und wird nur immer stärker.“ Die letzten Wahlen in den USA haben die Diskussion um ein Problem verändert, das zentral wichtig für eine eventuelle TPP-Einigung ist: Ob Präsident Obama allein verhandeln darf oder ob er das Abkommen Punkt für Punkt vom Kongress absegnen lassen muss.

Weil Handelsabkommen normalerweise viele sensible innenpolitische As­pekte berühren, haben frühere US-Präsidenten jeweils das Parlament abstimmen lassen, ob sie ohne die Mitwirkung der Abgeordneten verhandeln dürfen. Ein solches „Schnellverfahren“ würde dem Kongress nur eine einmalige Abstimmung „Für oder Gegen“ am Ende des Prozesses erlauben.

Wegen der Bedenken unter den Abgeordneten bezüglich der möglichen Auswirkungen von TPP auf die einheimische Wirtschaft sind beide Häuser des Parlaments nicht geneigt, Obamas Antrag auf ein solches Schnellverfahren zuzustimmen. Die letzten Wahlergebnisse lassen allerdings vermuten, dass dies sich ändern könnte.

Eine Lösung könnte jetzt von einer Debatte abhängen, die innerhalb der Republikanischen Partei geführt wird, die ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus ausbauen konnte und die im Januar 2015 auch die Kontrolle über den Senat übernehmen wird. Da das Repräsentantenhaus ein Schnellverfahren strikt abgelehnt hat, hat der neue republikanisch geführte Senat vorgeschlagen, dass diese Frage im neuen Jahr eine Priorität erhalten solle.

„Viele in Präsident Obamas Partei sind nicht besonders begeistert über den internationalen Handel. Wir denken nur, dass es gut für Amerika ist“, sagte Mitch McConnell, der wichtigste Vertreter der Republikaner im Senat und die Person, die die Agenda des Senats in kommenden Jahr (2015) bestimmen wird, bei einer Pressekonferenz nach den Wahlen. „Der Präsident und ich haben darüber gesprochen ... und ich habe den Eindruck, dass er daran interessiert ist, voranzukommen. Ich sagte zu ihm: 'Schicken Sie uns die Handelsabkommen. Wir sind begierig, einen Blick hineinzuwerfen.'“

Diese neue mögliche Chance auf ein Schnellverfahren hat eine wütende Debatte unter den Konservativen in Gang gesetzt, vor allem zwischen denen, die traditionell das big business unterstützen und denen, deren Unruhe darüber wächst, was die Globalisierung für Auswirkungen haben könnte auf die Arbeiter in den USA. Dieses Lager ist seit der Wirtschaftskrise von 2008 stärker geworden.

„Erst in den letzten Jahren haben wir eine kleine, auf Internationalismus und auf das big business orientierte Gruppe entstehen sehen, und dieser korporatistische Flügel hat vor allem in Sachen Freihandel Druck gemacht“, sagt Curtis Ellis, Sprecher der American Jobs Alliance und Direktor des Webportals ObamaTrade.com. „Wenn wir alle unsere Fabriken nach Übersee verlegen, wird das amerikanische Volk das kürzere Ende des Stöckchens gezogen haben. Und in der Tat, sogar Befürworter von TPP geben zu, dass es nicht um Handel geht, sondern um Investitionen – um die Sicherung übergeordneter Regelungen für den globalen Umgang mit Investitionen.“

Das trifft zu: Nur 5 der 29 Kapitel von TPP betreffen den Handel, so Public Citizen, eine Verbraucherorganisation. „Die nicht den Handel betreffenden Bestimmungen sind niedrigeren Löhnen, höheren Preisen für Medikamente, mehr importierten unsicheren Lebensmitteln und neuen Rechte für ausländische Investoren gewidmet. Und sie legen Zahlungen für Schäden fest, die Investoren erlitten haben durch Gesetze in denjenigen Ländern, von denen sie behaupten, sie würden ihre neuen TPP-Privilegien gefährden, etwa durch neue Gesetze über Umweltschutz“, sagt Lori Wallach, Leiter des Programms Global Trade Watch.

„Trotz der strikten Geheimhaltung der Verhandlungen sind viele TTP-Länder zu der Erkenntnis gelangt, dass die Verträge den meisten ihrer Bewohner schaden würden und dass nur die großen Konzerne, die sie ja deshalb auch vorantreiben, ihre Profite erhöhen würden.“

Anmerkung:
1 Asia-Pacific Economic Cooperation

Quelle: VNS 12.11.2014
Übersetzung Günter Giesenfeld

Kommentar d. Red.:
Während in der vietnamesischen Presse sehr häufig positive Artikel zu TPP erscheinen, was heißt, dass die Regierung offenbar uneingeschränkt dafür ist, werden auch manchmal Gegenargumente veröffentlicht. Dieser Artikel ist ein (seltenes) Beispiel dafür, offenbar angeregt durch Aktivitäten der Organisation „Citizens Trade Campaign“ in den USA.

veröffentlicht im Vietnam Kurier 3-4/2014

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