Dürrekatastrophe im Delta 2016

Das Mekong-Delta
Von der Reisschüssel zur Industrieregion?

Stefan Kühner

Weltweit zählt Vietnam zu den fünf Ländern, die vom Klimawandel und den damit verbundenen Risiken am meisten betroffen sind. Und in Vietnam selbst ist es das Mekong-Delta.

2016 war für das Mekong-Delta und die Südprovinzen Vietnams, was Wetterkatastrophen angeht, eines der schlimmsten Jahre in der Geschichte. Langandauernde und wiederholte Dürreperioden haben sowohl im Reisanbau als auch in den Obstplantagen zu einem gravierenden Rückgang der Ernteerträge geführt. Und Überschwemmungen haben Felder und Siedlungen an vielen Orten zerstört.

Die Gefahr, die der Klimawandel für das Land und vor allem für die südlichen Provinzen Vietnams bedeutet, wird dort in der Öffentlichkeit, in Presse und Online-Medien intensiv analysiert und beschrieben. Allein die deutsche Internetseite von Voice of Vietnam1 (VOV) berichtete im Jahr 2016 mehr als 20 mal über das Thema Klimawandel im Mekong-Delta und über Maßnahmen, die Region auf die Folgen vorzubereiten.

Der Klimawandel

Vom Klimawandel ist nicht nur das Mekong Delta betroffen, aber es gehört zu den am stärksten gefährdeten Flussdeltas in Südostasien. Fünf Auswirkungen des Klimawandels gefährden die Region besonders.

Ein Ansteigen des Meereswasserspiegels um einen Meter würde große Teile des Deltas überfluten. Für Vietnam ist dies eine riesige Gefahr in jeder Beziehung. Das Mekong-Delta ist nämlich die Heimat von 17 Mio. Menschen und die wichtigste landwirtschaftliche Region Vietnams. Das Land ist heute der zweitgrößte Reisexporteur der Welt. Mit seinem Anteil an diesem Export ernährt das Mekong-Delta mehr als 245 Mio. Menschen weltweit.2 Im Mekong-Delta werden 75 % der Reisproduktion des gesamten Landes erwirtschaftet sowie 50 % der Früchte und 80 % der Meeresfrüchte.3


Nach Grundwasser muss immer tiefer gegraben werden.

Eine Überflutung von auch nur Teilen des Deltas würde Vietnam nicht nur wirtschaftlich schwer treffen. Viel gravierender wären die gesellschaftlichen Auswirkungen. Millionen Menschen müssten ihre Heimat verlassen und würden zu Umwelt- und Binnenflüchtlingen. Der steigende Wasserspiegel verschärft darüber hinaus die Auswirkungen von Tornados oder gar Tsunamis.

Rückgang der Mangrovenwälder: Die Mangrovenwälder entlang der Küste, die das Hinterland vor Überschwemmungen und Stürmen schützen, verschwinden mit dramatischer Geschwindigkeit. Einige Küstenregionen in Vietnam leiden schon jetzt unter Erosionen von 30 Metern im Jahr.4

Bodenversalzung: Ein besonderes Problem stellt das Eindringen von salzhaltigem Meerwasser dar, das sich schon seit längerem bemerkbar macht. Bereits frühere Untersuchungen über den Zeitraum von 1967 bis 1997 zeigen eine zunehmende Versalzung des Bodens auf breiter Front. Durch den weiteren Meeresspiegelanstieg würde die Versalzung noch weiter ins Inland vordringen.

Die Versalzung der Böden und der Gewässer hat weit reichende Folgen für die Landwirtschaft und die Gesundheit der Bevölkerung. Profitiert hat bislang einzig die Garnelenzucht, da Garnelen in Gewässern mit 0,5 bis 2,5 % Salzgehalt optimal gedeihen. Andererseits gehen durch die Bodenversalzung und die Umwandlung in Zuchtanlagen große Flächen für den Reisanbau verloren. Eine weitere Gefahr sehen Mediziner bzw. Hygieniker in einer verstärkten Ausbreitung von Cholera und anderen Krankheiten, da eine warme und feuchte Umgebung mit mäßig hohem Salzgehalt die entsprechenden Krankheitserreger begünstigt.5

Süßwassermangel: Extreme Wetterphänomene wie einerseits Überschwemmungen und andererseits lange Trockenzeiten führen zu einer großen Wasserknappheit für den süßwasser-intensiven Reisanbau. Der Grundwasserspiegel geht zurück, und dies wird durch das Eindringen von Salzwasser noch verstärkt. Selbst Anbauflächen, die 30 km von der Küste entfernt liegen, werden nach Angaben des vietnamesischen Landwirtschaftsministeriums nicht mehr genügend Frischwasser für den Reisanbau haben.6

‚Wetterkapriolen’: Im Jahr 2016 wurden in Vietnam 154 Menschen durch Naturkatastrophen getötet. Die Sachschäden beliefen sich auf umgerechnet mehr als 300 Mio. Euro. In den ersten Monaten 2016 verschärfte das in der Geschichte stärkste und längste El Nino-Phänomen die schwere Dürre und Versalzung im südlichen Zentralvietnam sowie im Hochland Tay Nguyen und im Mekong-Delta. Und auch in den ersten beiden Monaten von 2017 gab es im Mekong-Delta erneut ein große Dürreperiode.

Vietnam reagiert

„Der Klimawandel ist viel schneller erfolgt als vorausgesehen, er ist viel gefährlicher als die Prognosen von 2012 es dargestellt haben“, sagte der Minister für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (MARD) Nguyen Xuan Cuong im Dezember 2016. auf einem Treffen der International Support Group (ISG). Um sich erfolgreich gegen solche Entwicklungen und Naturkatastrophen vorzubereiten, brauche Vietnam Hilfe aus dem Ausland, sagte Nguyen Van Tinh, Vizedirektor der Bewässerungsbehörde. Und Louise Chamberlain, die Direktorin für Vietnam des UNO-Entwicklungsprogramms (UNDP): „Es sind strukturelle Probleme zutage getreten, die mittel- und langfristig angegangen werden müssen, damit der Prozess der Langzeit-Nachhaltigkeit nicht gefährdet wird. Leider sind solche aktuellen Unwetterkatastrophen anscheinend nötig, um zu erkennen, dass wir den zuständigen Institutionen und politischen Programmen mehr Aufmerksamkeit schenken müssen.“7


Häufige Stürme und kleine Tsunamis sind auch eine Folge des Klimawandels. Alle Bilder Nhiem Man/vna

„Vietnam will die Kontrolle durch den Staat verstärken, das Gesetzessystem ergänzen und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel ergreifen. Das Land will aktiv die Umwelt schützen und das Vorwarnsystem über Naturkatastrophen sowie die Überwachung des Klimawandels verbessern. Ferner sollen das Bewusstsein und die Verantwortung der Behörden sowie der Bürger gegenüber dem Klimawandel verbessert werden“, hatte der vietnamesische Premierminister Ngu­yen Tan Dung schon Anfang 2016 erklärt.8

Im einzelnen und auf das Mekong-Delta bezogen sind folgende Maßnahmen geplant:

Bessere Deiche und Schleusen: „Das Delta soll so viel Süßwasser speichern, wie es irgendwie geht. Deiche werden verstärkt, Schleusen erhöht und zerstörte Plantagen wiederhergestellt.“9 Zusätzlich arbeiten die Behörden an neuen Plänen zu Maßnahmen gegen den Klimawandel. In der Provinz Kien Giang (im Südwesten) wurden 1,8 Mio. US-$ investiert, um 276 Deiche und Schleusen zu erneuern und zu verstärken. Knapp eine weitere Million wurde für den Bau von Süßwasserbrunnen ausgegeben. Nach Hitzeperioden im Februar 2017 wurde auch in der Provinz B?c Lieu in Zusammenarbeit mit den Nachbarprovinzen Ca Mau und Soc Trang damit begonnen die Schleusen auszubauen. 40 provisorische Deiche wurden erstellt, und die Provinzregierungen forderten die Bauern auf, Frischwasservorräte anzulegen.

Wie dramatisch die Situation ist, zeigt der Aufruf, nur noch zweimal pro Jahr Reis anzubauen statt dreimal. Auf diese Weise soll der Boden geschont, das Eindringen von Salzwasser reduziert und vor allem der Verbrauch an Süßwasser gesenkt werden.10

Mehr Obstanbau: Große Hoffnungen setzt man im Mekong-Delta auf den Obstanbau. Erste Erfolge zeichnen sich ab. 2016 hat das Exportvolumen von vietnamesischem Obst und Gemüse erstmals fast zwei Mrd. US-$ erreicht. Diese Steigerung steht für eine neue Orientierung, genauer: für die Umstrukturierung der Landwirtschaft in Vietnam. Obst ist neben dem Reis inzwischen ein Hauptexportprodukt der vietnamesischen Landwirtschaft geworden. Anfang 2017 haben die Genossenschaften für den Anbau von Mango in der südvietnamesischen Provinz Dong Thap Vertreter ausländischer Unternehmen und heimischer Exportfirmen empfangen, die mehr über den Anbau von Mango erfahren oder Verträge unterzeichnen wollten. Genossenschaften und auch Familienbetriebe orientieren sich derzeit besonders auf diese Obstsorte. „Die Bauern bemühen sich darum, 70 % der Mangos für den Export und 30 % für den heimischen Konsum anzupflanzen. Wenn sie dieses Ziel erfolgreich verwirklichen, können sie in ihrer Heimat gut davon leben.“11

Wechsel vom Ackerbau zur Viehzucht: Während Ackerbau und Fischerei aufgrund der jüngsten schwersten Dürre in der Geschichte im Mekong-Delta schwer geschädigt wurden, blieb die Viehzucht weitgehend verschont. Um die Folgen der Dürre auszugleichen und die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu verringern, konzentrieren sich derzeit viele Provinzen im Mekong-Delta verstärkt auf die Viehzucht.

„Statt der Zucht der üblichen Tierarten, wie Geflügel, Rinder oder Schweine, können die Bauern nun Tierarten für die Zucht wählen, die nicht so sehr von der Wasserversorgung abhängen, sich gut an schlechte Wetterbedingungen anpassen sowie in der Natur vorhandenes Futter nutzen können.“12

„Um diese zu fördern, hat die Provinz Ca Mau einen Plan entworfen, der bestimmt, welche Tierart für die Zucht vor Ort geeignet ist. Beispielsweise werden Bienen und Kanarienvögel als für die Provinz geeignet betrachtet. Wir konzentrieren uns außerdem auf die Zucht von Schlangen und Meeresenten“13, so der Vizedirektor der Behörde für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Provinz Ca Mau, Nguyen Van Tranh.

Bei den Meeresenten handelt sich um eine neue Art, die im Meerwasser leben kann. Das vietnamesische Landwirtschaftsministerium unterstützt deren Zucht im Mekong-Delta, vor allem in den Gebieten, die von Bodenversalzungen betroffen sind. Die Eier der Meeresenten sind relativ groß und das Fleisch ist eine Spezialität. Sie wachsen schnell und lassen sich gut verkaufen. Die Zucht von Meeresenten ist auch geeignet für die Truong Sa Inselgruppe14, für das Festland und für Brackwasserregionen, Gärten und Mangrovenwälder. „In Vietnam gibt es zwei Zentren, die die jungen Entenküken liefern können. In Nordvietnam ist es das Forschungszentrum für Dai Xuyen-Enten und in Südvietnam das Zentrum für Geflügelzucht VIGOVA. Im vietnamesischen Mekong-Delta gibt es noch kein Zentrum. Geplant ist ein Zucht-Zentrum in der Provinz Soc Trang für die ganze Region und auch für das Nachbarland Kambodscha.“15

Langfristige Lösungen

Die genannten Maßnahmen wie die Deichsicherungen und die Umstrukturierungen in der Landwirtschaft erscheinen, so erfolgreich sie im Einzelnen sein können, wie klägliche Versuche, eine Entwicklung aufzuhalten, die nicht aufzuhalten ist. So sehen dies auch Experten in Vietnam selbst. Nach Meinung von Dr. Tang Duc Thang vom Forschungsinstitut für Wasser-Ressourcen muss das Delta einen Masterplan entwickeln, wie man langfristig mit den Folgen des Klimawandels umgeht, insbesondere mit Dürre und Versalzung.

Er sieht die Ursachen für die Probleme auch noch an anderen Stellen. „Aus dem Mekong werden zukünftig 15-35 % weniger Wasser für die Landwirtschaft im Delta zur Verfügung stehen. Die intensive Nutzung des Wassers am Oberlauf des Mekong16 beeinflusst die Landwirtschaft und den Alltag bereits jetzt. In Zukunft wird dies noch zunehmen.“17 Er fordert darüber hinaus, die Regierung solle mit höchster Priorität entlang der Flüsse Tien und Hau Geld in ein System von Schleusen gegen die Versalzung investieren. Außerdem sollen die Anlagen zur Bewässerung der Reisfelder automatisiert und integriert werden.

Einen mittelfristigen Masterplan hat das Ministerium für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung für den Zeitraum von 2016 – 2020 bereits vorgelegt. Er sieht eine (bereits oben genannte) Reorganisation von Anbauflächen und Anbauprodukten vor. Die Provinzen Dong Thap Muoi, Long An, Dong Thap und Tien Giang sollen sich vor allem auf den Reisanbau konzentrieren. Die Provinzen Vinh Long, Tra Vinh und Ben Tre auf Kokosnüsse und Pomelos. Ca Mau, B?c Lieu, Soc Trang und Kien Giang sollen Shrimps züchten und die Region um Long Xuyen catfish (Pangasius).

Diese Pläne sind allerdings alles andere als unumstritten. Tran Cong Thang, stellvertretender Vorsitzender des Instituts für Strategien in der ländlichen Entwicklung und Landwirtschaft, sagt, die Regierung habe im Umgang mit dem Klimawandel nur Aktionismus gezeigt. Nötig seien reale Lösungen. „Vietnam hat Bewässerungssysteme, Deiche und Schleusen gebaut, Mittel in Schutz- und Frühwarnsysteme gesteckt, Zeitpläne für den Anbau von landwirtschaftlichen Erzeugnissen entwickelt, Anbauflächen in der Landwirtschaft geändert und resistentere Reissorten entwickelt, aber all diese Maßnahmen sind von beschränkter Wirkung. Wir brauchen stattdessen langfristige nachhaltige Lösungen für diese Region”18.

Einen ganz anderen Aspekt hat Andrew Wyatt, Programmdirektor der Internationalen Vereinigung für den Erhalt der Natur (IUCN) in die Debatte eingebracht: „Ich meine, die vietnamesischen Behörden und die lokalen Komitees sollten eine andere Perspektive einnehmen und die Versalzung auch zum Anlass nehmen, einen neuen Entwicklungsweg einzuschlagen.“ Unter Hinweis auf alte Traditionen, mit der Versalzung zu leben, meint er, die Bauern seien nicht mehr daran gewöhnt, weil durch den Ausbau der künstlichen Bewässerung für den Reisanbau das Problem der Versalzung zunächst einmal gelöst schien. „Aber es haben sich Änderungen ergeben. An vielen Stellen haben die Bauern Deiche und Bewässerungssystem wieder entfernt, um Garnelenzucht zu betreiben.“ Außerdem verwies er darauf, dass auch durch die Erweiterung des Obstanbaus ein höherer Süßwasserverbrauch entstand, der angesichts der zunehmenden klimabedingten Versalzung problematisch werde. Er sieht in der kombinierten Produktion von Mangroven und Garnelen ein Modell, das für Ca Mau geeignet wäre.19 In diesem Zusammenhang werde die Förderung der Garnelenzucht und die Erhaltung der Mangrovenwälder zu einer nationalen Priorität. Mangrovenwälder haben den zusätzlichen Effekt, dass sie die Küste stabilisieren und erhalten.

Industrie statt Ackerbau

Wie diese Lösungen durch landwirtschaftliche Maßnahmen aussehen, bleibt allerdings weitgehend unklar. Immer wieder werden von der Regierung Absichten verkündet, die aber nur die Ziele benennen, nicht aber, wie man sie konkret erreichen könnte.

Ein etwas weiter gefasster Ansatz wurde auf einem Forum der Industrie- und Handelskammer in Can Tho Anfang März 2017 formuliert. Er sah vor, dass Unternehmen und Einwohner im Mekong-Delta auf die einseitige Nutzung des traditionellen Ackerbaus weitgehend verzichten sollten. Dabei solle man sich auf Qualität statt Quantität konzentrieren.20

Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), Die Australische Entwicklungshilfe-Agentur (AustralienAid), das Vietnam Business Forum (VCCI) und weitere Investment-Organisationen gehen einen Schritt weiter. In einem ausführlichen Papier plädieren sie auf Basis der Landwirtschaft und Aquakulturen im Mekong-Delta für eine angepasste Industrialisierung. Fünf Bereiche kämen dabei in Frage, in denen eine Verknüpfung landwirtschaftlicher Aktivitäten und industrieller Weiterverarbeitung praktiziert werden könne:
- Landwirtschaft und Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte
- Fisch und Meeresfrüchte und deren industrielle Verarbeitung
- Investitionen in Infrastrukturen wie Straßen und Brücken, nicht zuletzt um die Produkte aus den Industrien transportieren zu können.
- Aufbau einer Leichtindustrie (Kleidung, Schuhe, Lederwaren)
- Aufbau von Dienstleistungsangeboten (Tourismus, Gesundheitswesen, Bildung)

Noch radikaler sehen dies professionelle Investment-Berater aus dem Ausland. Für sie gibt es nur eine Lösung: eine Industrialisierung, also der Umstieg von der Landwirtschaft auf die Industrieansiedlung.21 Diese ‚Berater‘ haben allerdings eher eigennützige Absichten:

Der Strukturwandel im Mekong-Delta reizt jedenfalls auch die internationale Finanzwelt. Dazu gehören auch Firmen und Investoren aus Deutschland. In einer Broschüre vom März 2016 wirbt eine in Frankfurt und Linz ansässige Business Development Group Vietnam (BDG) für Investitionen in Vietnam – insbesondere im Mekong-Delta. Daraus einige zentrale Aussagen:

„Seit über neun Jahren unterstützt BDG Vietnam führende deutsche Mittelständler und Konzerntöchter beim Markteintritt in Vietnam. Mit unserem Team aus 15 deutschen und vietnamesischen Mitarbeitern verfügen wir über ein breites Wissensspektrum in verschiedensten Branchen und ein starkes lokales Netzwerk in Vietnam.“ Vier Hauptgründe, die für Investitionen im Delta sprechen, werden genannt:
- ein attraktives Investitionsklima,
- ein starkes Wirtschaftswachstum,
- eine besser werdende Infrastruktur
- sowie viele und billige Arbeitskräfte.22

Besonders der letzte Grund ist ein lange bekannter: billige Arbeitskräfte im Ausland. „Die Region überzeugt durch ihre 10 Millionen Arbeitskräfte, vorteilhafte Lohnkosten und hohe soziale Standards“, heißt es in der Broschüre. Eine mitgelieferte Statistik gibt Auskunft über die durchschnittlichen Monatslöhne in Vietnam. Eine gewisse Einschränkung bestehe allerdings durch den Mangel an hochqualifizierten Arbeitskräften. Diese müssten im Großraum Ho Chi Minh-Stadt „rekrutiert“ werden. Auch die Verfügbarkeit von Lieferanten von Support-Dienstleistungen sei noch gering.

Monatlicher Durchschnittslohn in den Regionen Vietnams:
Großraum Hanoi
247
Delta des Roten Flusses
201
zentrale Küstenregion
191
Zentrales Bergland
194
Südosten
218
Ho Chi Minh-Stadt
256
Mekong-Delta
161
Landesdurchschnitt
206

Aber diese Vorteile reichen den Investoren aus Deutschland noch nicht. Es werden weitere formuliert – als Forderungen an die Region:
- Verbesserung des Investitionsklimas: Unterstützung seitens der Behörden während des Registrationsprozesses, Landfreigabe, Elektrizitäts- und Wasserversorgung. Das sind bislang noch nicht vorhandene, von Vietnam zu schaffende Bedingungen.
- Einsatz von Lobbyisten: Weiter wird gefordert die Bereitstellung eines Ombudsmannes, welcher als Kontaktperson für die internationale Investition fungiert und die Zusammenarbeit zwischen den Investoren und Behörden bzw. deren Vertretern verbessert. Dies könnte den „Ease of Doing Business“ (die Leichtigkeit, Geschäfte zu machen) deutlich verbessern.“

In der Werbebroschüre werden sehr wohl auch „Ökologische und klimatische Risiken“ sowie der Klimawandel angesprochen. „Die Landfläche des Mekong Deltas liegt im Schnitt nur einen Meter über dem Meeresspiegel, und küstennahe Gebiete der Region werden stark vom Klimawandel beeinflusst. Vor einer Investition sollten deshalb dringend eine Standortanalyse durchgeführt werden.“

Ja, das ist sicher ein guter Rat. Denn der Klimawandel, den die vietnamesische Regierung leider nicht abschaffen kann, stellt ja schon ein gewisses Risiko dar. Man möchte der Regierung in Hanoi den anderen Rat geben, sich nicht auf diese neokapitalistische Rhetorik einzulassen und selbst die Probleme des Klimawandels anzugehen. Und dabei nicht zu vertrauensselig zu sein gegenüber solchen neuen Freunden.

Red.

Literaturhinweis:
The national strategy on climate change, herausgegeben von Premierminister Nguyen Tan Dung, Erlass 2139/QÐ-TTg (5. Dezember 2011). Vollständiger Text in Englisch auf der Website der vietnamesischen Regierung.

Anmerkungen:
1 http://vovworld.vn/de-DE.vov
2 Vgl. Integriertes Küstenmanagement in Vietnam, https://www.giz.de/de/weltweit/18661.html
3 VNS, 07.12.2016
4 Vgl. ebda.
5 Vgl. Hamburger Bildungsserver; http://bildungsserver.hamburg.de/ meeresspiegelanstieg/2130912/asien/ Stand:19.03.2017
6 Vgl.: VNK 3-4/2015
7 VNS, 07.12.2016
8 VoV; 08.01.2016
9 VNS 12.03.2017
10 Vgl. Vietnam Investment Review 15.03.2017
11 VoV 14.02.2017
12 Zit. Ebda.
13 VoV 21.09.2016
14 Spratly Inseln
15 VoV 12.97.2016
16 unter anderem für die Energiegewinnung durch Dämme und Wasserkraftwerke
17 VNS 12.03.2017
18 Ebda.
19 Zitate ebda. Dieses Projekt wurde gefördert von der Niederländischen Regierung als Entwicklungshilfe. Auch aus Deutschland kam Unterstützung vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit.
20 Vgl. VoV 08.03.2017
21 http://invest-mekong-delta.com/key- industries.html
22 Christoph Lam: Vietnams Mekong Delta – Ein Investitionsstandort mit Zukunft, zit. nach der Homepage de BDG: http://bdg-vietnam.com/ de/ about/news/details/items/vietnams-mekong-delta-ein-investitionsstandort-mit-zukunft/

veröffentlicht im Vietnam Kurier 2/2016

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