Dr. Nguyen Thi Ngoc Phuong

Frauenärztin und Forscherin – Helferin und Kämpferin für die Agent-Orange-Opfer

Stefan Kühner

Nguyen Thi Ngoc Phuong, ehemalige Direktorin der Tu-Du-Klinik in Ho- Chi-Minh-Stadt, wird 70. Kein Name ist so sehr mit den Leiden der Opfer des chemischen Krieges der USA in Vietnam verbunden wie ihrer.

So hieß denn auch die Überschrift eines Geburtstags-Artikels im Internet Dienst VIETNAMNET Bridge „Der Kampf einer Frau für die Agent-Orange-Opfer“1. Seit über 40 Jahren ist Frau Dr. Phuong „eine derjenigen, die in der ganzen Welt über die Leiden der Agent- Orange-Opfer berichtet hat. Sie ist außerdem die Frau, die nie aufgehört hat, die USA aufzufordern, klar erkennbare Hilfe für die Opfer zu leisten.“ heißt es dort am 1. 02. 2014.

Schockiert und traurig

1968 bemerkte sie als junge Geburtshelferin seltsame Veränderungen bei Neugeborenen. „Es war schrecklich“ erinnert sich Frau Dr. Phuong an diese Zeit im Tu- Du-Krankenhaus. „Jeden Tag hatten wir zwei, drei oder gar vier Fälle von missgebildeten Kindern. Kinder ohne Augen, ohne Nasen oder mit Kiefern- Gaumen-Spalte.“ Sie war darüber zutiefst schockiert und traurig. Aber erst 1975, nach dem Ende des Krieges in Vietnam erkannte sie, dass zwischen den Missbildungen und dem Krieg ein enger Zusammenhang bestand.

Sie beschloss der Sache auf den Grund zu gehen und machte dies zu Ihrer Lebensaufgabe. Sie fand heraus, dass der Prozentsatz der Missbildungen und anderer Gesundheitsschäden bei Neugeborenen von Eltern, die mit Agent Orange besprüht worden waren, viel höher war, als bei „normalen“ Eltern. Sie entdeckte außerdem, dass in der Muttermilch von besprühten Müttern ein extrem hoher Dioxinanteil festzustellen war. Um ihre Vermutung vom Zusammenhang der Geburtsfehler und Agent Orange zu untermauern, führte sie 1982 eine Studie in 1.000 Familien in der Provinz Ben Tre sowie weiteren Städten und Landkreisen im Mekong Delta durch. Die Untersuchung ergab, dass die Missbildungsrate Neugeborener in den mit Agent Orange besprühten Gebieten ca. drei bis viermal so hoch war, wie in den nicht besprühten Regionen.

Keine Ruhe auch im Ruhestand

Obwohl Frau Dr. Phuong heute schon lange im Ruhestand ist, kann man sie noch fast jeden Tag im Tu-Du-Krankenhaus antreffen. Sie bildet Krankenschwestern aus und kümmert sich um ihr „Netzwerk Geburtshilfe“, das sie ins Leben gerufen hat zur Verbreitung fachgerechter Geburtsmethoden in den ländlichen Gebieten Vietnams.

Vortragsreise in der BRD auf Einladung der Freundschaftsgesellschaft Vietnam 1981,
zusammen mit Trinh Ngoc Thai

Aber vor allem ist sie eine weltweit anerkannte Fachfrau in Sachen Agent Orange und seiner Folgen für die Menschen. Ihr Wissen nutzen selbst amerikanische Veteranen aus dem Vietnamkrieg. „Viele Amerikaner kamen in die Klinik und stellten mir Fragen zu Geburtsfehlern und Krebserkrankungen, die mit den giftigen Chemikalien zusammenhängen“, erinnert sich Frau Dr. Phuong.

Neben zahlreichen Funktionen in medizinischen Fachinstitutionen – und in der Nationalversammlung – ist Frau Dr. Phuong Vizepräsidentin der Vereinigung der Opfer von Agent Orange (VAVA). In dieser Funktion erreichte sie es unter anderem, dass 2008 und 2010 das Repräsentantenhaus der USA Hearings durchführte mit dem Titel „Unsere vergessene Verantwortung. Was können wir tun, um Agent Orange Opfern zu helfen”. Dabei erklärte Frau Phuong: „Patienten mit Krebs und anderen, durch Agent Orange verursachten Krankheiten sterben Tag für Tag. Und Tag für Tag kommen weitere Babys zu Welt, die behindert sind. Es muss endlich Gerechtigkeit für diese Opfer geben. Es muss Entschädigungen geben für das Leiden, das sie erdulden müssen“. Dem ist nichts hinzuzufügen, außer dass dies schnell geschehen muss.

Anmerkung:
1 http://english.vietnamnet.vn/fms/society/91883/a -woman-s-fight-against-the-pain-of-agent-orange. html – Alle Zitate aus dieser Quelle

veröffentlicht im Vietnam Kurier 1/2014

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