Ich war ein praktisch denkendes Mädchen, Gott sei Dank aber auch gesegnet mit einigen anderen Vorzügen: Ich war jung, gesund, begabt und, offen gesagt, ich sah gut aus.

Kling, Klingeling, Bim Bam!

Ich betrachtete das aus drei kurzen Metallröhren und einigen alten Münzen an einem Plastikring zusammengebastelte Klang-Mobile, das an einer dicken Kordel von der Decke herabhing. Die beweglichen Teile produzierten beim zartesten Lufthauch hübsche Töne. Lu, der Freund meines älteren Bruders Hai, hatte es mir geschenkt.

Kling, Klingeling, Bim Bam!

Wieder eine leichte Brise. Durch das große Fenster neben meinem Bett sah ich den blauen Himmel voller dahinziehender weißer Wolken. „Und ich liege hier im Bett, gucke in den Himmel und höre dem Glockenspiel zu?“, fragte ich mich. Ach Quatsch! Ist ja nur wegen eines leichten Hustens. Eines Morgens spürte ich Blut in meinem Mund, warmes, salziges Blut. Mir wurde schwindlig. Die Lippen fest aufeinander gepreßt, rannte ich aus dem Zimmer.

Es war noch eine Woche bis zum Tetfest. Mein jüngerer Bruder und seine Freundin waren gerade vom Stadtbummel zurück, kamen mir zu Hilfe. Sie riefen einen Krankenwagen, der mich sofort in die Klinik brachte.

„Legen Sie sich bitte hier hin“, sagte die Krankenschwester.

Wir drei blickten uns lächelnd an: Wir sahen alle sauber, gesund und lebendig aus; Sie wußte ja nicht, wer von uns der Patient war.

„Ich bin das“, sagte ich laut und kletterte auf die Liege.

Meine Lunge wurde geröntgt und schien ganz in Ordnung, aber die Ärzte hielten eine Magnet-Resonanz-Tomographie für angebracht. So lag ich kurz darauf mit angelegten Armen auf dem Rücken in der Röhre. Mit geschlossenen Augen fühlte es sich so an, als würde mein Körper sanft hin und her gleiten. Entsprechend den sachlichen Anweisungen des Technikers atmete ich langsam ein und aus. Nach ein paar Minuten war alles vorbei.

Als ich in das Krankenzimmer gebracht wurde, fand ich mich unter bleichen, dürren und ansteckenden Patienten wieder, die husteten und spuckten, daß ich vor Furcht erzitterte. Draußen war es schon dunkel. Ich wälzte mich in dem alten rostigen Bett herum, das unter meinem Gewicht knarrte. „Hier würde ich sogar als Gesunde garantiert krank werden“, dachte ich mir. Dabei hatte ich mich gestern doch noch so gut gefühlt, als ich unterwegs war, um ein neues Motorrad zu kaufen.

Die Straßen und Geschäfte schienen jetzt, am Ende des Mondjahrs, geschäftiger denn je.

Fünfzig Millionen Dong und ein Top-Motorrad! Das gab es als Bonus bei einem bekannten Unternehmen, wenn ich mich verpflichtete, mindestens drei Jahre für sie zu arbeiten. Dann könnte ich jeden Tag auf einem Top-Motorrad zu meinem neuen Super-Büro fahren. Ich würde die Straßen entlang spazieren fahren, die meine früheren Kollegen häufig benutzen. Die würden gelb vor Neid, und meine alte Firma würde es bedauern, mich verloren zu haben. Für sie hatte ich schon länger als sechs Jahre gearbeitet! Schon seit langem hatte ich in dem Laden Höhen und Tiefen miterlebt und einen unbefristeten Arbeitsvertrag unterschrieben, was allerdings noch lange keinen sicheren Job garantierte.

Ein stechender Schmerz in meiner Brust traf mich ganz plötzlich und unerwartet.

„Es ist nichts Ernstes! Alles wird gut!“, sagte Lu, der beste Freund meines älteren Bruders Hai, als er mich im Krankenhaus besuchte. „Du bist ganz in Ordnung, das ist nur ein kleines Problem!“, tröstete er mich weiter, und sein Mondgesicht lächelte mit halbgeschlossenen Augen. Er war vierzig Jahre alt, bewegte sich bedächtig mit seinem runden Bierbauch. Er handelte stets vorsichtig, und deshalb war er erst nach zwei Tagen zu mir in die Klinik gekommen. Dieses Zaudern war eine seiner schlechten Angewohnheiten. „Mach dir keine Sorgen, ich bin sicher, es ist alles halb so schlimm!“, redete er mir zu, obwohl ich ihm mitgeteilt hatte, daß ich hier war, weil ich Blut gespuckt hatte. Stumm zog er meine Bettdecke zurecht, dann schaute er zum Fenster hinaus.

„Wirst du zum Tetfest gehen? Es ist in wenigen Tagen! Die Straßen sind voller Menschen. Alle kaufen ein“, bemerkte er.

„Würde es dir etwas ausmachen, mit dem Arzt zu reden, daß er mich gehen läßt?“, flehte ich weinerlich. „Ich will wirklich das Tetfest nicht hier verbringen“, fügte ich hinzu.

„Das dauert nicht mehr lange. Du wirst bald entlassen. Es sind nur noch ein paar Untersuchungen zu machen“, antwortete er. Lu legte seine rechte Hand an meine Stirn. „Wie steht’s mit deinem neuen Motorrad?“, fragte er mich. „In einigen Läden hat man mich schon nach meiner ‚hübschen Freundin’ gefragt.“

Ich drehte mich lächelnd um und erzählte ihm von dem Motorrad-Bonus.

„Das alles für drei Jahre Knechtschaft?“

Ehrlich gesagt ärgerte mich sein lauwarmes Gerede. Er wollte mir wohl zu verstehen geben, daß ich blöd bin.

„Ich habe einen Job mit dreitausend Dollar Monatsgehalt in Aussicht. Da das Büro sehr weit weg ist, habe verlangt, daß man mir für die Hin- und Rückfahrt ein Fahrzeug stellt“, erklärte ich.

„Was ist das für ein Laden? Was wollen sie von dir?“

„Mein Gehirn.“

„Ach ja! Ich habe mal gehört, daß mein Gehirn ebenso viel wert ist.“

Sein Sarkasmus nervte! Bestimmt würde kein Mädchen je seine Überspanntheiten aushalten, besonders jetzt, da er über vierzig ist’, dachte ich. Ich wollte nicht mit ihm streiten. Uns trennten Welten, und jeder ging seinen eigenen Weg.

Dennoch suchte ich ihn ab und zu auf, wenn ich in Schwierigkeiten war. Er war ein guter Zuhörer. Er gab mir unsinnige Ratschläge, die ich mir gleichgültig anhörte. Wir wußten beide, daß es nicht auf die Ratschläge ankam, sondern daß unsere Gespräche dazu beitrugen, Stress abzubauen. Nach unseren Treffen ging es uns jedesmal besser.

Ich erinnerte mich an den Tag, an dem mein Bruder Hai der Familie seiner Frau ins Ausland folgte; Er sagte zu Lu: „Ich vertraue sie deiner Obhut an.“

„Gut. Ich werde stets für sie da sein“, antwortete Lu feierlich. Beide brachen in Lachen aus.

„Paß auf! Vielleicht hat sie schon einen Freund“, warnte Hai. Damals war ich eine unschuldige Studentin, ihre Reden waren mir peinlich, ich errötete und lächelte verlegen. Ich war eigentlich nicht an ihm interessiert, einmal, weil er klein und plump war und einen dicken Bauch hatte, und außerdem schien er mir uninteressant, obwohl er ein erfahrener Kinderarzt mit eigener Klinik war. Aus seinem Sprechzimmer erschallte häufig Kindergeschrei. Lächelnd setzte er ihnen sein Stethoskop auf die Stirn oder den Bauch. Pro Patient verdiente er nur ein paar tausend Dong, aber damit war er zufrieden.

‚Sollte das alles sein im Leben? Ein so erbärmliches Einkommen ist auf jeden Fall unakzeptabel. Ich brauche minde­stens ein paar tausend Dollar im Monat!’, sagte ich mir.

Ich jedenfalls kam stets sorgfältig angezogen in mein Büro in einem Hochhaus. Die schimmernden Glastüren öffneten sich automatisch, dann brachte mich ein Aufzug, der nach teuren Parfüms duftete, zu meiner Etage. Es war die perfekte Umgebung für mich, ich fühlte mich wie ein Fisch im Wasser. Offen gesagt bewunderte man mich nicht nur wegen meiner Schönheit, sondern auch wegen meiner Intelligenz und meines Einflusses. „Ja, die Macht, dieser ungreifbare Schmuck macht den Wert einer Person aus“, sagte Dang, mein Chef einmal.

Kling, Klingeling, Bim Bam!

Wieder erklang das Glockenspiel. Die alten Münzen und Metallröhrchen tanzten im Morgenlicht. Ich schaute hinauf. Der Klang erinnerte mich an das helle Lachen draußen. Ein leichtes Kratzen in meiner Kehle weckte mich aus meinen Träumereien. Wieder war eine kleine Vene geplatzt.

„Dein Großvater mütterlicherseits hatte das auch“, erklärte meine Mutter. Auf ihren Rat hin plante ich meine beruflichen Termine nach dem Tetfest so um, daß ich mit Tante Ba an diesen entlegenen Ort zur Erholung fahren konnte. „Ade, meine liebe Stadt“, sagte ich betrübt.

Ich erinnerte mich an den Tag, als Dang und ich auf seinem Air Blade-Motorrad durch die belebten Straßen flitzten. Er war ein Junge von genau der Art, wie ich sie jetzt brauchte. Wir waren in allen Fragen des beruflichen und privaten Lebens einer Meinung. Ich bewunderte ihn und lernte eine Menge von ihm, auch wenn ich manchmal schreckliche Dinge über ihn hörte, wie „Er ist gemein!“ oder „So ein Schuft!“ Ich bewunderte auch seine Zielstrebigkeit. Viele Leute hielten uns für ein ideales Paar. Als wir uns kennen lernten, war er schon mit einer anderen verlobt, aber überraschenderweise waren wir ungeachtet dessen sofort in eine Zuneigung zueinander verstrickt. In den letzten vier Jahren hatte er weder etwas hinsichtlich seiner Verlobung unternommen noch um meine Hand angehalten. Aber ich glaubte, was die Liebe betrifft, alles unter Kontrolle zu haben .

Dang besaß ein Stückchen Land in der Nähe von Phu My Hung. Oft fuhr er abends mit mir auf seinem Motorrad dorthin, über die breiten, von dicht belaubten Bäumen gesäumten Straßen, an deren Rand sich die Luxusautos drängten. Das war wirklich die Welt meiner Träume. Als wir vor seinem Grundstück standen, umgeben von prächtigen Villen, sagte ich zu ihm: „Schau, hier steht vor jedem Haus ein Auto!“ Er blickte vor sich hin und antwortete verträumt: „Das werden wir auch haben.“ Seine Worte machten mich sehr glücklich, denn ich hielt sie für sein Versprechen auf unsere Zukunft.

Als intelligenter und feinfühliger Mann mußte er wissen, daß mein Leben ihm gehörte, daß er meine Unterstützung brauchte, um seine Karriere voranzutreiben. Und daß wir für immer glücklich zusammenleben würden.

***

„Die Stelle als Abteilungsleiter, die ich haben wollte, ging an einen anderen Bewerber”, sagte Lu traurig, als er zu Besuch kam.

„Das wundert mich nicht! Du bist der geborene Verlierer”, sagte ich sarkastisch. Im Grund meines Herzens war ich davon überzeugt, daß er niemals ein Chef sein würde, obwohl er in seinem Beruf sehr geschickt und hoch motiviert war.

Als er sein Examen als Kinderarzt auf Probezeit an der medizinischen Hochschule machte, bewunderte ich ihn sehr und trug ihm bereitwillig meine Liebe an und war sicher, daß er das merken würde. Aber sein Verhalten war stets freundlich, nicht mehr.

‚Aus den Augen, aus dem Sinn!’ Dieses Sprichwort schien sich in unserem Fall zu bestätigen. Die Arbeit führte uns in verschiedene Richtungen. Ich nahm eifrig meine Karriere in die Hand. Natürlich machte ich, da ich noch jung war, einige unbedeutende Fehler mit Kinder-Liebeleien. Hin und wieder stieß ich auf ihn. Wir saßen auf dem Dach seiner Wohnung, das mit Zwergbäumchen und unzähligen kleinen Steinen bedeckt war, die wie Mini-Berglandschaften aussahen, und betrachteten stundenlang die schöne Landschaft. Dabei erzählte ich ihm Geschichten über die Höhen und Tiefen meines Lebens. Als ich ihm einmal die Geschichte mit Dang erzählte, starrte er mich voller Zweifel und Erstaunen an. Ich beugte meine Kopf vor Scham. Wahrscheinlich hatte Lu erkannt, daß dies die erste wirkliche Liebe in meinem Leben war. Seitdem habe ich Dang kaum mehr erwähnt.

***

Dang gab seinen Job auf und eröffnete eine eigene Firma, was mich sehr überraschte. Als Lu davon erfuhr, schaute er mich an, als wolle er mich warnen.

„Und du?”, fragte er.

„Es macht mir nichts an, denn ich bin auch allein weitergekommen”, erwiderte ich mit Nachdruck. Nachdem Dang verschwunden war, bekam ich einen neuen Direktor und mußte mit ihm auskommen. Im allgemeinen braucht ein neuer Chef immer ein gutwilliges und loyales neues Team. Meine Tage waren jetzt immer angefüllt mit trivialen Dingen. Schließlich gab ich nach etwa einem Dutzend Bewerbungsgesprächen den Job auf.

Mein älterer Bruder Hai kam extra aus dem Ausland zum Begräbnis eines engen Verwandten seiner Frau.

Mit Lu gingen wir in ein Café in der Nähe. Ich ruhte mich aus in einem Schaukelstuhl und schaute schweigend auf blühende Büsche, die sich leicht im Wind wiegten. Solche Minuten der Untätigkeit waren eigentlich sehr selten, denn in meiner neuen Firma war ich den ganzen Tag damit beschäftigt, Kunden zu treffen, Berichte zu schreiben, Geschäftsreisen nach Hanoi, Dalat, Nha Trang und sogar nach Singapur und in die Philippinen vorzubereiten. Ich fühlte mich sehr ausgelaugt.

‚Ausdauer und Anpassung’ war mein Motto. Plötzlich zeigte mein Bruder Hai mit dem Finger auf mich und flüsterte Lu etwas ins Ohr. Der nickte mit dem Kopf. „Jetzt verstehe ich, was ich falsch gemacht habe”, sagte er zu meinem Bruder. Beide brachen in Lachen aus.

***

Die Pfade, die das Wohnviertel von Phu My Hung durchkreuzten, lagen im Schatten grüner Laubdächer. Wieder ging ich Arm in Arm mit Dang. Wir hatten uns lange Zeit nicht gesehen, weil wir viel zu arbeiten hatten in unseren neuen Firmen. Oft sah ich nachts seinen Chatroom-Namen auf meinem Bildschirm blinken, aber wenn ich ihm eine Nachricht schickte, kam keine Antwort. Vielleicht hatte er Schwierigkeiten bei der Arbeit, ich wußte jedoch, daß er sehr wohl in de Lage war, Probleme zu managen, wenn es welche gab. Und nach sieben Monaten kam ich zu der Erkenntnis, daß wir wohl nicht mehr zusammen waren.

Wir verließen das Stadtzentrum in Richtung der neuen Wohngebiete. Unser Motorrad kurvte langsam von hier nach dort. Es war ziemlich kalt an diesem Jahresende. Plötzlich erfaßte mich ein heftiges Zittern. An einem kleinen Straßenrestaurant hielt er an. Wir saßen im Freien an einem massiven Holztisch. ‚Haben wir den weiten Weg in diese reiche und elegante Gegend nur gemacht, um eine einfache Schale Krabbennudeln zu essen?’, fragte ich mich. Er sagte, er habe diese Art von Suppe seit Langem nicht mehr gegessen und daß er solche Speisen sehr vermisse.

„Manchmal ist es ein Vergnügen, seine Essensgewohnheiten zu ändern”, sagte ich zu ihm. Die verlassene Straße draußen wurde von einem starken Wind erfaßt. Plötzlich starrte er mich an.

„Nächstes Fahr werde ich ein neues Haus im Phu My Hung-Viertel bauen. Die Pläne sind schon fertig”, sagte er.

Ich war wirklich überrascht. Was war mit ihm los?

„Es ist höchste Zeit, daß ich mich niederlasse. Du warst wohl auch an dieser Gegend interessiert, nicht wahr? Wenn du willst, kann ich ein schönes Stück Land für dich aussuchen, nur ein paar Meter von meinem Grundstück entfernt. Wir könnten dann gute Nachbarn sein.”

Er brachte mich zur Verzweiflung. Ein teures Auto fuhr langsam vorbei und parkte in der Nähe.

„Und wirst du dann das Auto deiner Träume kaufen?”, fragte ich ihn.

„Das hängt vom Geld ab.”

Er lehnt sich in seinem Stuhl zurück und schaute mich an. Ich blickte ebenfalls auf ihn, verwirrt.

„Alles muß einmal vorbei sein”, sagte er mit Nachdruck.

Ich stand auf und ging mir die Hände waschen. Als ich zurückkam, stand er neben seinem Stuhl. Er drückte leicht meine Schulter, ich fühlte mich wie ein sterbender Baum kurz bevor er zu einem trockenen Stamm wird. Er löste seinen Arm langsam und kam mit seinem Gesicht nahe an mich heran.

„Leute wie wir können alles verkraften, meine Liebe”, tröstete er mich. An seiner Seite ging ich durch diese einsame und dunkle Nacht.

***

Ich war noch bei vollem Bewußtsein, als man mich eilig in die Notaufnahme brachte.

Eine Woche später wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen und kehrte in mein Büro zurück, wo ein Stapel unerledigter Akten auf mich wartete. Ich arbeitete intensiv, um meinen Chef und meine Kollegen zufrieden zu stellen.

Ich streifte durch Kleiderläden und Motorradgeschäfte. Eine seltsame Vitalität, leidenschaftlich und brennend, war plötzlich in mir aufgeflammt.

Als ich abermals ein wenig Blut spuckte, ging ich wieder ins Krankenhaus. Ich sagte meiner Familie, daß sie es niemand erzählen sollten, außer meiner besten Freundin. Als diese mich dann in der Klinik besuchen kam, starrte sie mich an, ohne ein Wort zu sagen. Ich wich ihrem Blick aus. Einmal sprach ich von Dang und seinem Rhett Butler-Lächeln, aber sie lächelte nur höhnisch.

Als Lu hereinschneite, war seine einzige Bemerkung: „Im Moment gibt es nichts ernsthaft Schlimmes bei dir.”

Ich blieb dort eine ganze Woche. Die meisten anderen Patienten in meinem Zimmer wurden entlassen, einer nach dem anderen, und gingen zum Tetfest nach Hause. Dieses besonders wichtige Ereignis stand unmittelbar bevor, nur noch einige Tage. Inzwischen behielt man mich da, um noch weitere Untersuchungen zu machen. Das hatte ich Lus Freund zu verdanken, der die Notaufnahme leitete.

Am Vorabend des Tetfestes kam Lu mich besuchen.

„Laß uns nach Hause gehen. Der zuständige Arzt hat gesagt, daß deine Krankheit nur durch das Wetter ausgelöst worden ist. Nichts weiter.”

Er brachte mich zum Taxistand.

Danach erhielt ich keine Briefe, Nachrichten oder Anrufe mehr von ihm. Alles was mir blieb, war das Klang-Mobile. Ich hängte es höher, damit seine seltsamen und freudigen Töne besser zur Geltung kamen, denn ich hatte herausgefunden, daß diese Klänge mir gefielen und mein Gemüt beruhigten.

Ich setzte mich auf einen glatten Stein am Straßenrand. Ich streckte meine Hände aus und freute mich, die Sonnenwärme wieder zu spüren. Einige Windböen jagten einander zum Ende der Straße hin. Ich blickte auf zum unendlichen blauen Himmel und hörte von ferne die Musik meiner Windglocken, die sich anhörten, als wollten sie von ferne den Namen Ngo Phong Lu in mein Gedächtnis zurückrufen..

Quelle: Ngo Thi Y Nhi, An Ephemeral Love Affair
in: Vietnam News 29.05.2011
nach der englischen Fassung von Van Minh übersetzt von Günter Giesenfeld und Marianne Ngo

Veröffentlicht in: Viet Nam Kurier 2/2011

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